Schlüsselfrage für Herzogs
Das Mausoleum auf dem Gertrudenfriedhof wird saniert, mit einem nicht geringen Anteil öffentlicher Mittel. Das heißt aber nicht zwingend, dass die Öffentlichkeit auch häufiger Zutritt zu diesem kulturhistorisch bedeutenden Bauwerk erhält.
Er hat schon bessere Zeiten gesehen, der wuchtige Totentempel auf dem Oldenburger Gertrudenfriedhof. Das Mausoleum derer von Holstein-Gottorf, der bis 1918 im Großherzogtum Oldenburg herrschenden Dynastie, verwittert seit Jahren vor sich hin, auf dem einsturzgefährdeten Dach wächst Gestrüpp, die Rückseite ist mit Graffiti übersät. Nun wird mit der Sanierung begonnen – für Pressevertreter eine seltene Gelegenheit, einen Blick ins schon geradezu sagenumwobene Innere des Baus zu werfen. Denn die Türen der bis heute im Familienbesitz befindlichen Grablege sind ansonsten für die Öffentlichkeit verschlossen.
Christian von Oldenburg höchstselbst, Ururururenkel des Herzogs Peter Friedrich Ludwigs, der das Mausoleum 1785 für seine früh verstorbene Gemahlin errichten ließ, ist aus dem schleswig-holsteinischen Eutin angereist, wo die Familie heute residiert. Ein paar Dankesworte vor dem Eingang, eine improvisierte Scheckübergabe der Stiftung Denkmalschutz, die üblichen shake-hands-Fotos für die Lokalpresse, dann geht es hinein in das eingerüstete Bauwerk, das als Keimzelle des klassizistisch geprägten Stadtbilds gilt.
Der langerwartete Blick ins Innere, bislang nur durchs Schlüsselloch möglich, ist dann doch eher ernüchternd: Auch die Halle wird von einem riesigen Gerüst eingenommen, und zwar komplett, für den Fall, dass das Dach herunterkommt. Die Wände und Plastiken sind mit Holz verkleidet, nichts ist zu sehen von den Statuen Johann Heinrich Dannekers oder vom reliefverzierten Sarkophag des Erbauers und seiner Frau, zwischen den Laufgittern blitzen hier und da ein paar Zentimeter Stuck hervor – die Kunstschätze sind geschützt für die kommenden Arbeiten in dem eiskalten Steinwürfel.
Zwei Jahre veranschlagt das Architekturbüro für die Sanierung. Kostenpunkt: 800.000 Euro. Angesichts dieser Summe sei er „fast auf den Rücken gefallen“, sagt von Oldenburg, der hier immer noch mit „Seine Königliche Hoheit“ angesprochen wird, später bei Kaffee und Keksen in den Räumen des Kulturverbands „Oldenburgische Landschaft“. Nun kann er sich etwas entspannter zurücklehnen: Die Hälfte des Betrages übernehmen Bund und Land. Auch der örtliche CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Kossendey ist da, der vor zwei Jahren mal Kulturstaatsminister Bernd Neumann ins Mausoleum geschleppt hatte, wo ihnen der Putz von der Decke entgegenrieselte. Das könnte ausschlaggebend für das Bemühen Neumanns um schnelle finanzielle Zusagen des Bundes gewesen sein, vielleicht auch der Umstand, dass beide im Parlament nebeneinander sitzen; gewiss aber ein Gutachten des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege. In ihm wird das Mausoleum als sehr frühes und fast noch im Ursprungszustand befindliches Beispiel klassizistischer Architektur als Bauwerk von nationaler, gar europäischer Bedeutung einstuft – das, sagt Kossendey, war „der Schlüssel zur Bundeskasse“.
Weitere 200.000 Euro steuert die Stiftung Denkmalschutz hinzu, dazu kommen Sponsorengelder – der herzogliche Anteil ist damit recht überschaubar geworden. Ob bei soviel öffentlicher Zuwendung das Monument nach erfolgter Sanierung auch mal ab und zu besichtigt werden könnte? Nun, druckst von Oldenburg, immerhin handele sich um einen „Ort der Ruhe“; wenn sich eine interessierte und genügend große Gruppe anmelde, ja, dann könnte man es wohl auch mal einrichten, dass jemand aus der Familie kommt und die Tür aufschließt. Seine Königliche Hoheit klingt nicht gerade begeistert, auch nicht, als der Landschaftspräsident vorschlägt, einen Zweitschlüssel zu hinterlegen, um Führungen anbieten zu können. Diese Schlüsselfrage wird sich wohl erneut stellen – 2013, wenn alles fertig ist.