Robert Harris: Titan

„Pompeji“ war großartig, „Fatherland“ sowieso: Wenn es jemand schafft, einen geschichtlichen Stoff in die Darstellungsform Roman zu übertragen und beiden Ansprüchen – dem historischen und dem literarischen – gerecht zu werden, dann der Brite Robert Harris. Mit entsprechenden Erwartungen ging ich an seinen Cicero-Roman „Titan“ heran – und war über weite Strecken ob der sich durch die gesamten 527 Seiten ziehenden eigenartig schnörkellosen, manchmal gar trockenen Erzählweise, die sich an manchen Stellen wie ein eher lieblos heruntergerattertes Gedächtnisprotokoll liest, mehr als nur ein wenig irritiert, hier und da auch schlicht gelangweilt.

Es gibt dafür natürlich eine Erklärung. Harris schreibt aus der Sicht von Ciceros Sekretär Tiro, einem griechischen Sklaven, und man gelangt schnell zu der Vermutung, dass der Autor auch der typischen Erzählweise jener Zeit nahe kommen wollte. Und ganz am Ende klärt Harris seinen Leser auch darüber auf, dass genau das sein Ansatz war: Er wollte die Cicero-Biografie, die eben jener Tiro seinerzeit tatsächlich verfasst hatte, die heute aber als verschollen gilt, wieder aufleben lassen, und zwar möglichst so, wie sie damals vermutlich ausgefallen sein wird.

Das Problem dabei: Nach heutigen Maßstäben und Lesegewohnheiten als rhetorisch brillant zu bezeichnen sind antike Klassiker nur selten, was durch Harris’ Bemühen um weitreichende Authentizität somit leider auch auf „Titan“ zutrifft. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass mancher Leser das Buch lange vor diesem aufklärenden Epilog aus der Hand legt.

Zwar hätte „Titan“ das auch wieder nicht verdient, denn interessant bleibt das Leben des großen römischen Staatsmannes allemal. Man könnte sagen: Harris hat der Welt das Werk Tiros zurückgegeben – aber mir persönlich wäre ein Harris lieber gewesen.

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