Gauchogate oder: Kommt klar, allesamt

... und so reiten die Gauchos. So what? Bild: Wikipedia/pd

… und so reiten die Gauchos. So what? Bild: Wikipedia/pd

Es ist schon wirklich lustig. Kaum hat aber auch jedes Medium darüber berichtet, wie angenehm bescheiden und vorbildlich die Deutsche Nationalelf in Brasilien aufgetreten ist, da veranstalten die kurzbehosten Einkommensmillionäre den doofen Gaucho-Tanz. Und sowohl die offene Kritik an diesem Gebaren als auch die ungleich heftigere Kritik an den Kritikern war absolut vorhersehbar – so sehr, dass man sich fragt, ob die Gründung einer Agentur für herbeikonstruierte Aufreger nicht ein lohnendes Geschäftsmodell darstellen könnte.

Dabei waren sie während des Turniers doch so artig und wohlerzogen, die Bundeskicker. Nie haben sie sich über Gegner lustig gemacht, zumindest nicht öffentlich. Immer haben sie brav “Bitte” und “Danke” gesagt, weil sie sich “por favor” und “obrigado” ohnehin nicht merken konnten. Und stets sind sie mit sauberen Fingernägeln und gewaschenen Hälsen vor die Tür gegangen.

Und dann das! Buckliges Schlurfen zur Textzeile “So gehen die Gauchos”, stolzes und mannhaftes Daherschreiten zu “So gehen die Deutschen”; es hätte nur wenig gefehlt, und sie hätten sich auf die Brust getrommelt. Das waren wahrlich keine schönen Bilder. Das war … äh … das war … hmm … ja, was war das eigentlich? Ich meine: außer natürlich vollkommen daneben?

Ganz einfach: es war ein ganz großer Irrtum auf Grundlage einer von vornherein fehlgeleiteten Denke. Nämlich einer, die besagt: Fußballer sind Vorbilder, Fußballer sind Aushängeschilder ihrer Nation, Fußballer sind irgendwie übermenschlich oder sollten das alles zumindest sein. Das ist, mit Verlaub gesagt, Bullshit. Fußballer sind keine Diplomaten. Und Vorbilder sind sie bestenfalls für neunjährige Nachwuchskicker. Die meisten Fußballer – daran sollte an dieser Stelle mal wieder erinnert werden – sind vor allem eines: Ziemlich junge Männer, die trotz aller Reichtümer auf ihren Konten noch nicht allzu viel vom Leben mitbekommen haben dürften und die wohl auch noch nicht allzuviel Erfahrung darin haben, die Folgen ihres Handelns abzuschätzen, zumal dann, wenn kein PR-Berater in der Nähe ist, der Schlimmeres verhindert. Was in solchen Fällen alles passieren kann, hat Kevin Großkreutz eindrucksvoll gezeigt.

Und dann wundern sich manche darüber, dass sich die siegesbesoffenen teutonischen Nationalkicker in Berlin nun doch noch in Häme gesuhlt haben? Dass sie sich an einer Feierstunde erfreuen konnten, die vor Flachheit und Proletentum nur so strotzte? Dass sie gezeigt haben, dass sie ein typisch maskulin-aggressives Humorverständnis haben? Ach, bitte. Die Jungs haben es sich in den zwei Tagen zuvor einfach nur nach außen hin verkniffen – sicher hatte der DFB-Stab bis zuletzt mit Argusaugen über die Öffentlichkeitswirksamkeit jedes einzelnen Schritts gewacht.

Das “Gauchogate” ist kein Riesenskandal; es ist allerdings durchaus ziemlich peinlich, was die Spieler da in Berlin zu einem umgetexteten Kinderlied veranstaltet haben (übrigens keineswegs zum ersten Mal). Wer jetzt aber allen Ernstes nicht von Fremdscham-, sondern von Enttäuschungsgefühlen getrieben wird – “Oh mein Gott, wie konnten sie nur?” -, sollte vielleicht mal den Weihrauch von seinem Nationalelf-Altar wegwedeln und einen nüchternen Blick auf die Typen werfen, die da so auf der Bühne herumhampelten. Und wer dagegen lauthals herumkrakeelt, dass das doch alles bloß lustig gewesen sei und sich “die Schreiberlinge” von “der Presse” mal nicht so aufregen sollen – die, nun ja, sollten einfach weiter RTL II gucken und auch weiterhin über nichts nachdenken.

Ich für meinen Teil denke über den eigentlichen Skandal nach: Wie kommt der DFB eigentlich dazu, ausgerechnet diesem unsäglichen und indiskutablen Oliver Pocher eine Bühne zu bieten?

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