Zeit für die Halbzeit-Zeugnisse, zumindest im Berliner Regierungsviertel: Bundesinnenminister Thomas de Maiziére (CDU) hat der Bundesregierung insgesamt die Schulnote 2 minus gegeben. Damit war er bescheidener als SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann, der, obwohl er als Parlamentarier eigentlich gar nicht zum Klassenverband gehört, eher eine glatte 2 bis 2 plus 2 im Auge hat und damit etwas streberhaft wirkt. 2 minus hingegen, das klingt halbwegs bescheiden. In einem Uni-Abschlusszeugnis bedeutet so eine Note nur wenig mehr als “war körperlich anwesend”. Motto: Wir sind keine Überflieger, aber es ist doch ganz ordentlich – und für die Versetzung in die nächste Legislaturperiode reicht es allemal.
In der Außen- und – natürlich! – Innenpolitik habe die Regierung besonders gut gearbeitet, so de Maizières schulterklopfendes Fazit. Das bedeutet natürlich, dass sich das Klassen-Kabinett in anderen Fächern eher mühsam durchgewurschtelt oder hier und da wohl eine satte 5 kassiert haben muss. Nur wo? Sport liegt nahe, da kann Triathlet Heiko Maas schließlich nicht ganz alleine den Notenschnitt der doch eher hüftsteifen Regierungstruppe hochreißen. Aber Sport stand wohl auch nicht auf dem Lehrplan. Also – wo ist Nachhilfeunterricht geboten? In der Klimapolitik? Bei den Bürgerrechten? Verteidigung? Alles heiße Kandidaten für blaue Briefe, aber de Maizière hält sich dazu lieber bedeckt. Schließlich will er seine Kameraden und -innen nicht verpetzen. Sonst gäbe es nachher auf dem Schulhof Keile von Siggi.
Es wäre spannend, die Klasse mal während einer Unterrichtsstunde zu sehen. Als Lehrer stünde vermutlich Helmut Schmidt am Pult. In der ersten Reihe säße dann die Angela, die im Unterricht nie den Mund aufbekommt, aber bei den Klassenarbeiten immerhin ganz passable Ergebnisse erzielt. Versetzung wohl ungefährdet. Neben ihr Wolfgang, der Mathe-Crack, der aber Defizite in Sozialkunde hat. Auch Ursula sitzt vorne, ist bemüht und ehrgeizig, könnte aber besser dastehen, würde sie ihre Hausaufgaben regelmäßiger machen, statt ganze Nachmittage ratlos vor ihren kaputten Spielzeugpanzern zu sitzen. Der Alexander versucht andauernd, ein Netz für sein Smartphone zu finden, und Barbara ist neulich durch den Biologietest gerasselt, weil ihr zum Thema Klima statt der richtigen Lösungen nur Allgemeinplätze eingefallen waren.
Peter fiele am ehesten dadurch auf, dass er seinen Klassenkameraden dauernd in die Hefte spickt; Gerd und Frank-Walter damit, dass sie aus dem Fenster blicken und von fernen Ländern träumen. Oder auch albträumen. Johanna hat ihre Nase dauernd in einem Buch, das nicht zum Unterricht gehört. Thomas nimmt zumindest seine Rolle als Pausenaufsicht sehr ernst. Und Klassensprecher Siggi? Im Unterricht so lala, hat aber seine Clique voll im Griff. Erst kürzlich hat er den Heiko für störende Zwischenrufe ordentlich in den Schwitzkasten genommen.
Aber eigentlich ist es ein schiefes Bild. Während normale Schüler, sollten sie berechtigte Sorgen um das Weiterkommen haben, zum Ende des Schuljahres hin nochmal alles geben, um doch noch über die Zielgerade zu kommen, machen Politiker, je näher der Versetzungstermin rückt, bekanntlich kaum noch irgendetwas konstruktives (außer sich gegenseitig mit Spuckekugeln zu beschießen).
Aber trotz aller Unterschiede zwischen Politikern und Schülern: Das Prinzip der Selbstbenotung sollte zum Standard werden. Es entlastet die Lehrer und erspart den Schülern, mühsam das Zeugnis zu fälschen und es dann mit schweißnassen Händen den Eltern zu überreichen, in der Hoffnung, dass sie einem nicht auf die Schliche kommen.
Andererseits wird die Klasse von Angela und Co. genau das in zwei Jahren vermutlich dennoch wieder versuchen.
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